19 listopada 2015

SPIEGEL-Brief

Sehr geehrter Herr Pascal Alter!

In dieser Woche musste die SPIEGEL-Redaktion noch fixer arbeiten als sonst. Wegen der Terroranschläge von Paris wurde das Erscheinen des Heftes vorgezogen, vom Samstag auf den Donnerstag. Natürlich werden die schrecklichen Ereignisse ausführlich analysiert: Wer waren die Täter? Wie konnten die Terroristen ihre Anschläge unbemerkt planen und koordinieren? Und was bewirkt die latente Angst vor weiteren Attacken in unseren Köpfen?

Was hat Albert Einstein mit der GPS-Navigation auf meinem Smartphone zu tun? Eine ganze Menge, wie der Wissenschaftshistoriker Jürgen Renn meinen Kollegen Manfred Dworschak und Olaf Stampf in einem spannenden Interview erklärt. Vor 100 Jahren hat Einstein die Allgemeine Relativitätstheorie präsentiert - die moderne Satellitenortung muss deren Effekte berücksichtigen, um präzise Ort und Zeit bestimmen zu können. Einstein sei ein Genie gewesen, sagt Renn, aber kein verschrobener, weltfremder Eigenbrötler, wie seine äußere Erscheinung mit den wirren, ungekämmten Haaren vermuten ließe. Und obwohl er ein genialer Kopf war, sind ihm seine Erkenntnisse offenbar nicht einfach zugeflogen. Das ernüchternde Fazit: Ohne Fleißarbeit geht es nicht.

Geschätzte 300.000 Kinder erleben jedes Jahr in Deutschland die Trennung ihrer Eltern. Im Laufe der Zeit verliert der getrennt lebende Elternteil häufig den Kontakt zu seinem Nachwuchs. So erging es auch einem Mann, dessen Geschichte mein Kollege Hauke Goos eindrucksvoll schildert: Vor 17 Jahren wollte die damals fünf Jahre alte Tochter dieses Mannes nicht mit ihm mitfahren, als er sie bei seiner Exfrau abholen wollte. Seither hat er sein Kind nicht wiedergesehen. Inzwischen versucht der Mann, über Facebook mit seiner verlorenen Tochter in Verbindung zu treten.

Als der Fußballtrainer Jürgen Klopp im Oktober beim FC Liverpool anheuerte, waren die Fans des traditionsreichen Vereins vor Freude außer sich: Wenn schon die Mannschaft nur mittelmäßig ist und im Mittelfeld der Premier League dümpelt, sollte zumindest der Coach eine berühmte Figur sein. Mein Kollege Jörg Kramer ist nach Liverpool gereist, an die berühmte Anfield Road. Die Engländer, sagt Kramer, liebten Klopp, aber sie verstünden ihn noch nicht richtig. Klopp steht zwar immer noch für Vollgas-Fußball, er vermag seine Spieler zu motivieren. Seine eigentliche Aufgabe besteht aber darin, aus der Mannschaft eine verschworene Gemeinschaft zu formen, schreibt Kramer in seinem sehr empfehlenswerten Text.

Viel Spaß bei der SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Michael Fröhlingsdorf 
SPIEGEL-Redakteur

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