03 kwietnia 2016

: SPIEGEL-Brief


Liebe Leserin, lieber Leser!
Als ich am vergangenen Wochenende, über Ostern, meine Eltern besuchte, stellte mein Vater mal wieder diese Frage: "Hast du dich auch um deine Altersvorsorge gekümmert?" Ich werde bald 30. Allmählich könne ich das Thema nicht mehr mit jugendlicher Unbedarftheit abtun, findet er. Nun kommt Altersvorsorge auf einer Hitliste von Dingen, mit denen ich mich gern beschäftige, gleich hinter Fensterputzen und Steuererklärungen: Desto mehr habe ich mich über den Text "Det kann janz schnell gehen" meiner Kollegin Anne Seith gefreut. Sie erklärt, welche undurchsichtigen Vorsorgekonzepte Lebens- und Rentenversicherer in diesen Niedrigzins-Zeiten auf den Markt bringen und wie sie das Geld ihrer Kunden tatsächlich verwalten. Dabei macht Seith Fallstricke auch für diejenigen sichtbar, die sich nicht täglich mit ihrer Altersvorsorge beschäftigen (wollen).
Nach den Anschlägen in Brüssel forderten Politiker und Experten, die Geheimdienste in Europa sollten enger zusammenarbeiten. Im Gespräch mit Freunden, die die Geschehnisse in Belgien ebenso beschäftigten wie mich, habe ich festgestellt: Wie Geheimdienste arbeiten, darüber wissen wir so gut wie nichts. Maik Baumgärtner, Martin Knobbe und Jörg Schindler dagegen recherchieren schon seit vielen Jahren im Umfeld von Geheimdiensten. Für ihren Report "Die Fleurop-Liste" haben sie mit aktiven und ehemaligen Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes gesprochen und ermöglichen dem Leser spannende Einblicke in eine Welt, die normalerweise verborgen bleibt. Warum beispielsweise der BND den französischen Außenminister abhörte und die NSA ein Handy von Angela Merkel überwachte, kann ich nun nachvollziehen. Und ich habe gelernt, dass der BND Geheimdienste anderer Länder nicht mit kryptischen Codenamen belegt, sondern sie schlicht nach heimischen Blumen benennt: "Hortensie" etwa steht für die USA, "Begonie" für Dänemark.
Ganz besonders empfehlen möchte ich Ihnen das Stück "Zum ersten Mal das Meer" von Vivian Pasquet. Über viele Monate hinweg hat sie eine Familie begleitet, die ein Mädchen aus Afghanistan bei sich aufnahm. Die siebenjährige Reehana kam mit einem Herzfehler auf die Welt, der in Deutschland mit Unterstützung einer Hamburger Stiftung operiert wurde. Nach ihrer Genesung ist das Mädchen zurückgeflogen in ihr Heimatland. Die Autorin, die selbst Ärztin ist, beschreibt, wie die Lebenswege einer deutschen Mittelschichtsfamilie und der Tochter eines afghanischen Tagelöhners sich für eine gewisse Zeit miteinander verweben. Nach anfänglicher Unsicherheit entwickelt sich eine innige Beziehung, die bei allen Beteiligten Spuren hinterlässt. Mich berührt die Wärme, mit der Pasquet diese Geschichte erzählt, ohne je kitschig zu werden.
Apropos Kitsch: Vergangenes Jahr hat meine beste Freundin geheiratet. Das Fest war der Höhepunkt eines Planungsmarathons: Monate, in denen ich, die Trauzeugin, nicht nur gelernt habe, was eine "Candy Bar" ist, sondern auch, dass man durchaus ernsthaft länger als eine halbe Stunde über die Notwendigkeit von Stuhlhussen diskutieren kann. Die Gewissenhaftigkeit und Hingabe, mit der meine Freundin sich in die Vorbereitung stürzte, beobachtete ich mit Staunen. Dabei ist diese Akribie unter heiratswilligen jungen Frauen anscheinend nicht ungewöhnlich, wie meine Kollegin Maren Keller beschreibt. Für ihren Text "#Instabraut" hat sie sich angeschaut, welches Spektakel viele aus ihrer Hochzeit machen - während die Institution Ehe zugleich immer weiter an Bedeutung verliert. Sehr hübsch finde ich, wie eine zukünftige Braut das Phänomen beschreibt: Manchmal fühle sie sich wie im "Happy-Hippo-Regenbogenland".
Eine interessante SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen
Ihre Miriam Olbrisch
SPIEGEL-Redakteurin

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