Sehr geehrter Herr Pascal Alter!
Als Journalist im Sportressort treffe ich immer wieder auf Skurriles und Absurdes aus der Welt der Sportfunktionäre. Schwarze Kassen, kleine und größere Vergnügungstrips, schlossähnliche Büros, Spielmanipulationen oder aberwitzige Börsenzockereien - Verrücktes scheint auf dieser Ebene des Sports systemimmanent zu sein. Dass es auch zum Kopfschütteln über das Funktionärsgebaren reicht, ohne dass ein Staatsanwalt ermittelt, zeigt der Text "Der vielseitige Mister Chang" von meinem Kollegen Alexander Osang. Osang schildert das Aufeinandertreffen von zwei vollkommen merkwürdigen Welten: von Nordkorea und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Er begleitete den Taekwando-Präsidenten Ung Chang, den einzigen nordkoreanischen Vertreter im IOC. Ein grandioses Alltagsstück über die Parallelwelt von Sportfunktionären, die durchdrungen ist von sonderbaren Sehnsüchten, Vetternwirtschaft und Gefälligkeiten.
Ein anderes, weit traurigeres Thema dieses Heftes warf mich zurück in meine Studienzeit: In meinem dritten Semester nahm sich ein guter Bekannter das Leben. Einfach so, ohne dass irgendjemand von uns, die gern mit ihm Bier getrunken und gefeiert hatten, etwas über seine persönlichen Probleme wusste. Seine damalige Freundin bat uns darum, in ihrer Gegenwart nicht über ihren Freund, unseren Kumpel zu reden. Das respektierten wir, auch wenn es schwer fiel. Manchmal treffe ich sie heute noch zufällig wieder und denke während des Smalltalks: Wie hast du das alles nur verkraftet? Dieser Frage ist auch meine Kollegin Katja Thimm nachgegangen. In einem traurigen, aufwühlenden Themenkomplex hat sie eines der letzten Tabus unserer Zeit behandelt: Was passiert mit den Menschen, die davon betroffen sind, weil ihnen nahestehende Personen sich das Leben nahmen? Der Text "Im engsten Familienkreis" hat sich Hinterbliebenen angenähert und liefert differenzierte Antworten.
Auch mein Kollege Philipp Oehmke aus dem Kulturressort hat sich in die Tiefen der menschlichen Psyche begeben, wenn auch auf völlig andere Weise: In einem großartigen SPIEGEL-Gespräch mit dem 82 Jahre alten amerikanischen Sänger Willie Nelson erfährt man viel Spannendes über das alte Amerika, das Wandeln am Abgrund einer menschlichen Existenz und das Kiffen im Weißen Haus.
Eine aufregende, erkenntnisreiche SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Rafael Buschmann
SPIEGEL-Redakteur
Brak komentarzy:
Prześlij komentarz